Kredit für Flüchtlinge

       

Im Herbst 2017 machte die Investitionsbank Berlin IBB mit einem Angebot „Kredit für Flüchtlinge“ auf sich aufmerksam. Die landeseigene Förderbank spricht von einem Mikrodarlehen, das aber immerhin bis zu 25.000 Euro betragen kann. Der Regelfall ist eine solche Kreditgewährung aber nicht.

Die Idee hinter dem Mikrokredit ist, dass in den Herkunftsländern der Geflüchteten selbstständige Tätigkeiten eine weit größere Rolle spielen als bei uns.

  • Viele werden sich noch an das Maßnahmenpaket im Rahmen von Hartz II aus dem Jahr 2003 erinnern, das Existenzgründungszuschüsse für die sogenannte „Ich-AG“ vorsah, wenn ein Arbeitsloser den Schritt in die Selbstständigkeit wagte.
  • Nichts anderes ist der neue Kredit für Flüchtlinge.
  • Er stammt aus Förderprogrammen für kleine und mittlere Unternehmen und kann selbstverständlich von jedem beliebigen Existenzgründer, also auch von Deutschen oder Migranten, beantragt werden.

Das sollte der Neiddebatte, die in den Kommentaren zu den Presseveröffentlichungen der IBB hochkochte, den Wind aus den Segeln nehmen.

Unternehmenskredite dürfen nicht mit Privatkrediten verwechselt werden

  • Der Kredit für Flüchtlinge wird also keineswegs zur Finanzierung von Konsumausgaben gezahlt, sondern ist zweckgebunden für die Unternehmensgründung.
  • Zudem sollte die Laufzeit des Kredits zum Aufenthaltsstatus passen.
  • Die Tilgung muss also regelmäßig in dem Zeitraum abgeschlossen sein, für den der Aufenthalt des Geflüchteten in Deutschland nach aktuellem Stand legal möglich ist.
  • Eine längere Vertragsdauer erfordert eine Bürgschaft.

Kredit nur mit sicherem und ausreichendem Einkommen

Außerhalb solcher Förderung ist die Frage nach einem Kredit für Flüchtlinge pauschal nicht zu beantworten, zumal mit dem umgangssprachlichen Begriff Flüchtling Menschen in ganz unterschiedlicher Lebenslage und mit anderem Rechtsstatus bezeichnet werden. Neu in Deutschland eingetroffene Geflüchtete sind üblicherweise in einer Erstaufnahme-Einrichtung untergebracht und dürfen nicht arbeiten.

Da sie kein Einkommen haben und neben Sachleistungen nur ein minimales Taschengeld erhalten, ist eine Kreditgewährung praktisch ausgeschlossen.

Auch Menschen aus sicheren Herkunftsländern erhalten keine Arbeitserlaubnis. Ein wenig besser sieht die Situation aus, wenn das Asylverfahren eingeleitet wurde. Nach drei Monaten dürfen die Asylbewerber eine Arbeitserlaubnis bei der Ausländerbehörde beantragen. Diese ist zunächst eingeschränkt, nach fünfzehn Monaten werden die Beschränkungen aber gelockert. Ist ein Asylantrag anerkannt oder stehen die Geflüchteten unter sogenanntem subsidiärem Schutz, dürfen sie uneingeschränkt in Deutschland arbeiten.

Hat der Geflüchtete Arbeit gefunden, verbessert das seine Chancen auf Kreditgewährung bei einer Bank. Vorausgesetzt wird hier in der Regel nur ein unbefristeter Arbeitsvertrag mit erfolgreich beendeter Probezeit, der seit mindestens sechs Monaten besteht.

Eine letzte Gruppe ist dagegen problematisch: geduldete Ausländer.
Das sind Menschen, die zwar keine Aufenthaltserlaubnis besitzen, deren Abschiebung aber ausgesetzt ist. Grundsätzlich – mit gesetzlich geregelten Ausnahmen – dürfen sie wie Asylbewerber nach drei Monaten arbeiten. Da die Duldung aber alle sechs Monate verlängert werden muss, haben sie es schwer, unbefristete Stellen zu bekommen. Die Kreditvergabe ist deswegen nur sehr eingeschränkt möglich. Am besten geeignet sind Vermittlungsplattformen für Darlehen privater Investoren, die gegen höhere Zinsen auch größere Ausfallrisiken eingehen als die Banken.


Marcel Ziegler

Als ehemaliger Finanz- und Honorarberater habe ich jahrelang direkt mit Privatkunden gearbeitet und weiß daher aus eigener Erfahrung, welche Fehler Menschen beim Umgang mit Geld machen. Ich kenne die Fallstricke von Bank- und Versicherungsprodukten und habe es mir zur Aufgabe gemacht, das Thema Finanzen so zu erklären, dass es wirklich jeder versteht.


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